Uhrzeit: 20:30
Raum: Frederik-Paulsen-Hörsaal (im Hauptgebäude)
Vortragender: Prof. Dr. Oliver Niebuhr
Mads Clausen Institute, Innovation Research Cluster Alsion, Syddansk Universitet, Sønderborg
Wenn wir mittels gesprochener Sprache im Alltag kommunizieren, dann ist unsere Stimme dabei zu mindestens zwei Drittel der Zeit "eingeschaltet"; und das ist auch gut so, denn immerhin ist sie der wichtigste Energielieferant, der unser Sprachsignal selbst über große Distanzen hinweg zum Hörer trägt und so zusammen mit den Signalen zur Dialogsteuerung, die darin enthalten sind, eine robuste, flüssige Verständigung gewährleistet. Darüber hinaus ist unsere Stimme aber auch ein zentrales Fenster in unsere Gefühle und Gedanken -- ein Fenster, das wir allzu oft unreflektiert offen stehen lassen. Wir alle kennen Situationen, in denen wir unsere Wortwahl mit Bedacht wählen, aber wer hat schon jemals darüber nachgedacht, den "Ton", der ja bekanntlich "die Musik macht", ebenfalls kontrolliert zu verändern oder gar bewusst einzusetzen? Ein Grund, weswegen uns das unmöglich erscheint, ist, dass wir als normale Sprachbenutzer erstaunlich wenig darüber wissen, wie unsere melodischen Pendants zum gesprochenen Wort eigentlich aussehen. Welche akustischen Melodiemuster gilt es zu unterscheiden, in welcher Reihenfolge sind die kombinierbar, und was bedeuten bzw. signalisieren sie überhaupt? Die Forschung hierzu hat in den letzten 25 Jahren große Fortschritte gemacht, Fortschritte an denen die Phonetik der CAU maßgeblich beteiligt war und bis heute ist. Der Vortrag gibt einen Einblick in die Formenvielfalt der Sprechmelodien im Deutschen und deren Bedeutungen bzw. Funktionen. Ein Schwerpunkt liegt dabei darauf, welche Macht in diesem Wissen liegt, z.B. wenn es darum geht, Hörer in Radio- und TV-Werbung gezielt anzusprechen und ihre Handlungen und Einstellungen zum Produkt zu manipulieren. Weitere Aspekte dieser Macht, die der Vortrag anspricht, sind die subtile Beeinflussung durch charismatisches Sprechen von Politikern und Managern sowie das Erkennen von Lügen und das Vortäuschen von Emotionen.